Andreas Eschbach's neues Buch ist eine Alternativgeschichtsstory im Stile von Robert Harris Vaterland. Parallel wird unserer IT-hörigen Gesellschaft ein Spiegel vorgehalten und ein beängstigender Ausblick gegeben.
Seit seinem Buch das Jesusvideo, gehört Andreas Eschbach zu meinen Lieblingsautoren und zu den ganz grossen der deutschsprachigen Thrillerszene. Im Bereich naturwissenschaftliche bzw technische Thriller ist er mit Sicherheit der Beste. Selbst ein Herr Schätzing reicht qualitativ nicht an Andreas Eschbach heran.Zu Beginn des aktuellen Romans, befinden wir uns im Deutschland des Jahres 1942. Hitler ist an der Macht und der zweite Weltkrieg in seiner entscheidenden Phase. Soweit befinden wir uns auf bekanntem Terrain. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: der Komputer wurde erfunden. Jawohl mit "K", den es handelt sich um eine deutsche Erfindung. Doch nicht nur das, es gibt das Weltnetz (aka WWW) und das Votel (aka Smartphone) und mit deutscher Gründlichkeit wurde ein Amt zur Überwachung dieser Technologien ins Leben gerufen.
Das NSA - Nationale Sicherheits Amt
Hier werden elektronische Briefe mitgelesen, Telefonate mitgehört und Daten über alles und jeden erhoben. Die Akronym Gleichheit kommt nicht von ungefähr.
Als Hauptfiguren werden uns zwei Mitarbeiter des Amtes vorgestellt einmal Helene Bodenkamp eine junge Programmstrickerin (Programmierern) und Eugen Lettke ein Analyst. Beide werden sich im Laufe der Handlung aus unterschiedlichen Gründen der Mittel des Amtes bedienen.
Die persönlichen Geschichten sind sehr spannend erzählt und spiegeln die Zeit auf menschlicher Ebene wider. So hat Helene zB eine jüdische Freundin, die fliehen muss und zu der der Kontakt nach der Flucht "abbricht".
Mich hat besonders die Detailliebe von Herrn Eschbach begeistert. Er schafft es die aktuellen Technologien authentisch zu transkribieren in einem historischen Kontext. Dazu gehören auch Wortschöpfungen wie Weltnetz oder Datensilo.
Als Beispiel für eine aktuelle Entwicklung sei hier die Abschaffung des Bargeldes genannt. Diese wird der Bevölkerung propagandistisch als Erfolg und Mittel gegen das organisierte Verbrechen und Geldwäsche verkauft. In der Realität ist es eine ideale Kontrollmöglichkeit wie das NSA im Verlauf der Handlung immer wieder beweist. Wer kauft welche Fahrkarte wohin bis zu wer kauft Briefmarken für den Versand von systemkritischen Flugblättern.
Gegen Ende werden dann noch zwei Themen angesprochen, die uns selbst beschäftigen und zwar BigData und Gesichtskontrolle. Auch dafür gibt Andreas Eschbach konkrete Beispiele im historischen Bezugsrahmen, die sich aber sofort ins heute und morgen übersetzen lassen.
Ja aktuell leben wir in einer Demokratie und der Vergleich zur Diktatur des 3. Reiches hinkt an einigen Stellen. Doch das demokratische Gerüst ist empfindlich. Wir erleben aktuell ein Erstarken Nationalistischen Gedankengutes und eine demokratisch gewählte offen nationalistisch Partei sitzt im Bundestag und Länderparlamenten bereit die Demokratie abzuschaffen. Auch sind wir bereit auf demokratische Rechte zugunsten des Rechtsstaates aufzugeben. Natürlich wollen wir Verbrechen verhindern/aufklären auch wenn dafür unsere Daten gläsern und unser Portrait offen nutzbar wird. Noch besser, wir geben alles in die Hände internationaler Konzerne die frei und unkontrolliert darüber verfügen können.
Wohin dies in einer hypothetischen Welt führt können wir in NSA nachlesen. Wohin dies in unserer Welt führt oder führen wird beschreiben Autoren wie Lanier, Doctorow u.a.
Fazit: Ich empfehle mit dieser Rezension dieses Buch besonders technisch und politisch interessierten Leserinnen und Lesern. Selbstverständlich kann man NSA auch als Roman mit kriminalistischen und historischen Anklängen lesen. Mich hat das Buch kurz sprachlos zurückgelassen, um dann in eine Mitteilungsbedürftigkeit umzuschlagen, den dieses Buch ist gerade JETZT wichtig, um die Richtung zu bestimmen in die wir weitergehen.
Sprache: wie gewohnt schreibt Andreas Eschbach einen flüssigen Stil ohne das mir Unstimmigkeiten oder Widersprüche aufgefallen wären.
Spannung: Bis zur letzten Seite spannend. Die Handlung bietet derart viele unerwartete Wendungen und Details, das immer wieder neues geboten wird ohne seinen klären roten Faden zu verlieren.
Optik: Das Hardcover ist ein mächtiges Stück Papier. Ich bin froh das E-Book zur Auswahl gehabt zu haben den gerade hier könnte ich deutlich flexibler lesen. Als Geschenk und in der Sammlung macht das Printexemplar einiges her.
Zitat: Die eigentliche Macht liegt in der Möglichkeit, für sich genommen scheinbar harmlose Daten mithilfe des Komputers auf eine Weise zu verknüpfen, die zu ungeahnten Einsichten führt.
Daten: BASTEI LÜBBE
HARDCOVER
Bezug: Bastei Lübbe Bloggerportal
Extra:
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